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Risikomanagement

Die wichtigsten Grundlagen des Produkthaftungsgesetzes: Eine Übersicht für Geschäftsführer

Lesezeit:
12
min
7.11.2023

Zusammenfassung

Als Unternehmer oder Geschäftsführer sollten Sie das Produkthaftungsgesetz kennen und verstehen. Dieses Gesetz definiert den Umfang der Haftung des Herstellers für fehlerhafte Produkte. Alle produzierenden Unternehmen, sowie Lieferanten, Zulieferer und Händler unterliegen nach diesem Gesetz unter Umständen der Haftung. Dabei spielt es keine Rolle ob es sich um Groß- oder Kleinunternehmen handelt. Die mögliche Höhe der Haftung gegenüber Verbraucher reicht bis zu 85 Millionen Euro an Schadenersatzansprüchen, was ein enorm großes Risiko darstellt. Daher ist es besonders wichtig, sich mit dem Produkthaftungsgesetz vertraut zu machen.

  • Händler, Lieferanten und Importeure können zum Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) werden
  • Schadenersatzansprüche können bis zu 85 Mio. Euro betragen
  • Die Haftung entsteht verschuldensunabhängig und kann nicht durch vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen oder begrenzt werden

Was bedeutet Produkthaftung?

Die Produkthaftung beschreibt die Haftung des Herstellers gegenüber Verbrauchern für jegliche Personen- und Sachschäden, die durch die Verwendung eines defekten Produkts entstehen. Diese Ansprüche sind nicht an die Existenz eines Vertrages zwischen Hersteller und Verbraucher gebunden und werden durch das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) geregelt. Zusätzlich zur Haftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gelten somit die Bestimmungen des ProdHaftG.

Abgrenzung der Produkthaftung zur Mängelhaftung aus Garantien und Verträgen

Produkthaftungsansprüche unterscheiden sich von Mängelgewährleistungs-ansprüchen.  

Bei der Mängelhaftung dreht sich alles darum, dass der Käufer von seinem Verkäufer ein fehlerfreies Produkt erhält. Sollte das Erzeugnis nicht einwandfrei sein, kann der Verbraucher unter anderem Nacherfüllung verlangen und wenn nötig auch Schadensersatz für die durch die Fehlerhaftigkeit entstandenen Schäden einfordern. In der Mängelhaftung bezieht sich dies auf das gestörte Vertragsverhältnis zwischen Verkäufer und Konsument.

Wenn das Produkt selbst mangelhaft ist, bezeichnet man das als Äquivalenzinteresse und es handelt sich hierbei um Ansprüche, die nicht durch eine Produkthaftpflichtversicherung abgedeckt sind.

Das Produkthaftungsgesetzt (ProdHaftG) regelt die finanzielle Entschädigung durch Schäden an Leben, Körper und Gesundheit, die durch mangelhafte Produkte entstehen können. Es ist die Verantwortung desjenigen, der diese Produkte herstellt oder in den Verkehr bringt, dass die Produkte keine Gefahren für andere Menschen darstellen. Bei der Produkthaftung geht es also nicht darum, dem Verbraucher ein fehlerfreies Produkt zu liefern, sondern Ihn vor gesundheitlichen und körperlichen Schäden zu schützen.

Bei Schäden, die durch ein Produkt verursacht werden, das als "Integritätsinteresse" bezeichnet wird, handelt es sich um versicherte Schadenersatzansprüche innerhalb der Produkthaftpflichtversicherung.

Wer haftet für ein fehlerhaftes Produkt?

Es kann vorkommen, dass ein Sach- oder Personenschaden durch ein bestimmtes Produkt verursacht wird. In diesem Fall können Verbraucher eine Entschädigung von der Firma verlangen, die das Produkt angeboten hat.

Gemäß § 1 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) ist die Produkthaftung eine Gefährdungshaftung und damit nicht vom Verschulden des Herstellers abhängt. Dies bedeutet, dass der Hersteller auch dann haftbar gemacht werden kann, wenn Ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.

Der Hersteller haftet auch für sogenannte Ausreißer. Wenn alle anderen Produkte während der Produktion fehlerfrei sind, aber eines - der Ausreißer - nicht, muss der Hersteller trotzdem für den Schaden aufkommen. In industriellen Produktionsprozessen, bei denen viele Teile verschiedener Hersteller in das Endprodukt eingefügt werden, entstehen bei der Durchsetzung eines Haftungsanspruchs häufig Fragen nach der Verantwortlichkeit.

In solchen Fällen können mehrere Hersteller gleichzeitig haftbar gemacht werden, was auch auf Importeure und Händler ausgeweitet werden kann.

Es gibt verschiedene Gruppen, die für Personen,- und Sachschäden durch das in Verkehr bringen von Produkten haften. Darunter versteht man:

  • Hersteller
  • Quasi Hersteller
  • Händler
  • Handwerker

Wer ist Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes?

Nach § 1 ProdHaftG haftet der Hersteller. Der Herstellerbegriff wird in § 4 ProdHaftG definiert.

Hersteller ist, wer

  • der tatsächliche Hersteller des Produktes ist.
  • der Zulieferer eines Teilproduktes, welches im Hauptprodukt weiterverarbeitet wird, wenn das Teilprodukt fehlerhaft war.
  • als Importeuer Produkte aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU) in die EU importieret.
  • als Händler das Endprodukt unter seinem eigenen Namen (Branding), seinem eigenen Warenzeichen oder unter ein anderes unterscheidungskräftiges Merkmal anbringt.
  • als Lieferant das Produkt liefert und nach einem Schaden der tatsächliche Hersteller nicht festgestellt werden kann. Das gilt nicht, wenn der Lieferant innerhalb eines Monats den Namen des eigentlichen Herstellers mitteilen kann.

Alle in der Liste aufgeführten Personen sind gemäß § 5 ProdHaftG als Gesamtschuldner haftbar, was es dem Verbraucher ermöglicht, den finanziell Stärksten herauszuwählen.

Wer ist ein Quasi-Hersteller?

Wie verhält es sich, falls kein "wahrer" Hersteller eines Produkts aus der EU existiert oder nicht bestimmt werden kann?

Alle Unternehmen und Personen die bei der Produktherstellung involviert sind, haften für mögliche Schäden für Personen und Sachschäden. Dazu zählen der eigentliche Hersteller, derjenige, der Teilprodukte in ein anderes Produkt einbaut, der Importeur sowie derjenige, der sein Logo oder seine Marke auf dem Produkt des Herstellers anbringt. Sogar der Händler kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn der reale Hersteller nicht ermittelt werden kann oder wenn der Verkäufer nicht innerhalb eines Monats den Namen des Herstellers preisgibt.

Wie wird man zum Quasi Hersteller?

Wenn das eigene Logo, der eigene Name oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht wird, handelt es sich bei diesem Unternehmen um einen "Quasi-Hersteller", obwohl es die Ware nicht selbst herstellt.

Im Falle eines Schadens ist es so, dass nicht mehr der tatsächliche Hersteller des Produkts haftet, sondern nur noch das Unternehmen, das das Produkt herstellt beziehungsweise herstellen lässt und unter eigenem Namen verkauft. Dadurch wird der Händler zum Hersteller und haftet für Schäden die durch das Produkt verursacht werden.

Beispiele für den Verkauf von Eigenprodukten sind Kosmetikprodukte, Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel.

Nicht nur Hersteller, die eine Eigenmarke haben, sind haftbar, sondern auch EWR-Importeure und Zwischenhändler können als "Hersteller" betrachtet werden. EWR-Importeure können nicht auf die Tatsache verweisen, dass sie die Ware nur eingeführt haben, aber nicht produziert haben. Da die Bereitstellung auf dem Markt bzw. die Einfuhr in den Europäischen Wirtschaftsraum der Inverkehrbringung eines neuen Produkts entspricht, tragen sie dieselbe Verantwortung wie ein Hersteller und haften vollständig für Schäden, die durch Produktfehler verursacht werden.

Beispiel für einen Schaden an Personen

Sie verkaufen Nahrungsergänzungsmittel unter Ihrer eigenen Marke, und es ist nicht offensichtlich, wer der tatsächliche Hersteller ist. Bei der Herstellung des Produkts treten Verunreinigungen auf, die unbemerkt bleiben. Diese besagte Charge, die ausgeliefert wird, verursacht bei einigen Personen Übelkeit und Erbrechen. Als Konsequenz daraus, werden die Geschädigten Schadenersatzansprüche in Form von Krankheitskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld geltend machen, die allein Ihnen zur Last gehen.

Beispiel für einen Sachschaden

Sie importieren Elektroartikel aus Fernost, einschließlich Lampen, Toaster und Kaffeemaschinen, um diese im Handel anzubieten. Leider führte ein Defekt im Gerät zu einem Brand, der dann eine Küchenzeile in Brand setzte. Da sie als Quasi-Hersteller angesehen werden, müssen sie für den Schaden aufkommen und ihn ersetzen.

Beispiel für einen Schaden gegenüber Herstellern

Sie sind Zulieferer und handeln mit Inhaltsstoffen für Kosmetikartikel, die Sie unter Ihrer Eigenmarke anbieten. Ihre B2B Kunden mischen Ihre Materialien mit anderen Stoffen, um daraus Kosmetikartikel herzustellen. Aufgrund der Kontamination eines Ihrer Inhaltsstoffe muss eine ganze Charge entsorgt werden. Sie müssen die entstandenen Herstellungskosten, die Ihr Kunde umsonst bezahlt hat, erstatten.

Wie hoch sind Haftungsansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG)?

Der Hersteller hat gemäß § 10 ProdHaftG die Verpflichtung, Schäden an Personen bis zu einer Höhe von 85 Mio. € zu ersetzen. Zudem gewährt § 8 ProdHaftG dem Geschädigten ein Schmerzensgeld. Seit der Gesetzesänderung am 22. Juli 2017 beinhaltet § 7 Abs. 3 ProdHaftG auch die Pflicht, eine angemessene finanzielle Entschädigung an diejenigen zu zahlen, die zum Zeitpunkt des Unglücks eine enge Beziehung zur verstorbenen Person hatten.

Sollten durch ein Produkt weitere Gegenstände als das Produkt selbst Schaden nehmen, muss der Sachschaden ersetzt werden. Der Geschädigte muss sich nach § 11 des Produkthaftungsgesetzes an der Beseitigung des Schadens mit einem Betrag von 500,- € selbst beteiligen. Es gibt keine Obergrenze für die Haftung in solchen Fällen.

Das Produkthaftungsgesetz ist eine verbindliche Rechtsnorm, die gemäß § 14 des Produkthaftungsgesetzes nicht durch einen Vertrag geändert oder ausgeschlossen werden kann.

Fazit

Wenn Sie ein Unternehmen führen, sollten Sie sich unbedingt mit dem Produkthaftungsgesetz auseinandersetzen. Informieren Sie sich über die gesetzlichen Regelungen und überlegen Sie, ob Sie sich gegen Schadenersatzansprüche absichern können. Denn wenn ein Produkt von Ihrem Unternehmen Schäden bei Verbraucher verursacht, können Sie dafür haftbar gemacht werden. Nehmen Sie also die entsprechenden Vorkehrungen, um sich und Ihr Unternehmen finanziell zu schützen. Wir unterstützen Sie gerne dabei.

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